Gedanken-Spuren, erster Laich und Collie-Haarbüschel

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Nach wie vor sind die Tage feucht und kühl.

Immerhin wird es morgens früher hell.

Auf meinem Weg über schlammige Feldwege sehe ich einen Regenwurm, der hier festhängt.

Ich gehe weiter… und kehre doch um.

Ja, es ist nur ein Regenwurm. Einer von vielen.

Doch ich nehme ihn und lege ihn ins angrenzende hohe Gras.

 

All diese Spuren in der feuchten Erde!

Abdrücke von Hundepfoten, Pferdehufen, Schuhen.

Ich stelle mir vor, wie Menschen diesen Weg vor mir gelaufen sind, ihre Schritte diesen Untergrund gezeichnet haben.

Was ihnen hier wohl durch den Sinn ging?

Träume, Erinnerungen, Ängste, Wünsche…

Die Abdrücke auf dem braunen Weg werden für mich für einen Augenblick zu lebendigen Gedanken.

Gedankenspuren.

An den Erlen entdecke ich das Büschel Osterglocken.

Jedes Frühjahr wächst es hier, bringt einen leuchtenden Farbklecks in die jetzt noch eher triste Umgebung, unter die noch kahlen Zweige.

So oft hatte ich schon Ausschau gehalten – und jetzt, wo mein Blick eher ohne Suchen die Gegend streift, fallen mir die gelben Frühblüher auf.

 

Auch Zuhause blühen die Narzissen.

Neben meinen Pinienzapfen aus Stein leuchtet noch die letzte Blüte.

Und wie wunderbar die Gänseblümchen auf der Wiese!

Ich liebe diese zarten Blümchen, so sehr nach Kindheit erinnernd.

Selbst in winzigen Lücken finden sie Platz – und auch sie sind mit den Haaren unserer Hunde garniert.

Auf der Steinmauer schimmert hellgrün frisches Moos.

 

Als ich später meinen geliebten Kaffee auf der kleinen Bank am Haus trinke, den mir mein Mann (mit herrlichem Milchschaum) gezaubert hat, denke ich, dass ich endlich den Nistkasten säubern muss, der hier oben an der Hauswand hängt.

Und so klappe ich kurz darauf eine Seite auf und entnehme das kunstvolle Nest vom letzten Jahr.

Wie unglaublich dicht es gebaut ist! Wie zusammengepresst die einzelnen Bestandteile.

Feine Zweige.

Moos.

Collie-Haare.

Ich bürste den Nistkasten aus und hänge ihn zurück.
Vielleicht wird die kleine Meise bald erneut hier einziehen – das letzte Mal war ihre Brut erfolgreich.

Ich kann nicht warten und kaufe später in einem kleinen Blumenladen einige Pflanzen für die Zinkwannen und Körbe.

Manchmal ist schon ein solcher Augenblick des Auswählens, des Einbuddelns wie Urlaub.

Die Tage strömen dahin, kühl und feucht..

Die umliegenden Wiesen triefen vor Nässe; der Bach, randvoll, rauscht kraftvoll.

Doch der Frühling ist zu erahnen.

Ist das nicht immer wieder ein Wunder, dieses sanfte Anschleichen, stille Aufblühen?

Du gehst durch den Garten, und plötzlich entdeckst Du hier einen Krokus und dort eine Narzisse…

Ein bisschen ist es so, als würdest du in deinen Heimatort zurückkehren.. voller alter Erinnerungen- ah, da ist ja das kleine Kino, die Eisdiele an der Ecke, das Mäuerchen, auf dem man sitzen konnte, bis der Bus kam.. Du entdeckst das scheinbar Vergessene erneut.

Da reckt wieder ein Frühblüher neben dem kleinen Weg sein Köpfchen aus der Erde..

Und dort, huch, ist ja zum ersten Mal ein kleiner leuchtendender Blumengruß!

Jedes Jahr setze ich die verblühten Pflanzen aus den Kübeln und Töpfen irgendwo in Beete und Böschungen oder seitlich des Weges- und erfreue mich im nächsten Jahr über die Wiederkehr – und zugleich tauchen Blumen auf, die sich scheinbar über Nacht wie von Zauberhand an einem Ort angesiedelt haben, als wollten sie uns eine Freude bereiten, wie ein lieber Überraschungsbesuch.

Dazu das erste Brummen einer Hummel – Betti rast direkt freudig hinter ihr her.

Zum Glück kann sie das pelzige Insekt nicht erreichen.

 

Ich beobachte, wie eine Elster ein riesiges Collie-Haarbüschel in den Schnabel nimmt.

(Vorhin habe ich das Fell gebürstet – und die Haarwolken im Garten zurückgelassen.)

Sie fliegt damit in den alten Kirschbaum, wo sie hoch oben erst einmal ihre Habe sortiert, bevor sie das Fellknäul in ein, wie ich jetzt erkenne, großes Nest aus dicken Zweigen einbettet.

Das wird ein kuscheliger Ort für den Nachwuchs!

Und wieder kommen Zugvögel zurück!

Eines Abends, als ich mit meinem Mann mitten in einer gemeinsamen PC- Arbeit stecke, höre ich ihr Rufen, noch leise, ganz fern.

Wir öffnen das Fenster, unterbrechen den Papierkram, lauschen gemeinsam in die die Dunkelheit.

Mein Mann sagt: Ganz tief fliegen sie… und legt seine Hand auf mein Bein. Eine stille Geste.

Beglückt, berührt.

Allen Vor-Frühlingsgefühlen, allem Genuss und aller Verzauberung zum Trotz ist sie da, diese Erledigungsliste im Kopf..

Wichtige Dinge müssten umgesetzt werden, endlich...

Dringende und wichtige Dinge..

 

Ich habe einmal gelesen, dass wir immer die Aufgaben zuerst erfüllen, die nicht warten können und zugleich eine hohe Relevanz besitzen.

Dinge dagegen, die uns persönlich wichtig sind, aber eben keine Dringlichkeit haben, verschieben wir immer wieder...

Wie schade!

Das Schreiben des Blogs.

Das Senden eines Briefes.

Den Anruf einer Freundin.

Und auch: große Vorhaben, die eben nicht zum Beruf gehören.

Etwas Neues entwickeln, für sich... nach hinten angestellt. Es ist gerade etwas anderes wichtiger...

Vielleicht sollten wir diese für uns wichtigen Dinge, die nicht dringend sind, mehr in den Blick nehmen.

Damit wir nicht irgendwann denken: Ach, hätte ich doch nur.. immer kam etwas dazwischen...

Und so schreibe ich mir neben der alltäglichen Liste auch eine Aufstellung der persönlichen Punkte, die nicht dringend sind, aber wichtig, für mich selbst.

Ein Anfang...

 

Einen neuen Anfang gibt es auch am Teichrand: Ich entdecke eine lange Laich-Schnur, die wie ein dünner durchsichtiger Gartenschlauch anmutet.
Und eine Laich-Wolke, fast daneben.
Lauter neue Leben!

Ich fühle den ersten Mückenstich.

Die Katzen haben die ersten Zecken.

 

Und die Forsythie blüht, in warmen Gelb.
Davor seitlich der Treppe erfreuen uns wie jedes Jahr die Berberitzen - und bei diesem Anblick muss ich lächeln.
Diese Farben, das kommt mir jetzt in den Sinn, wählte ich einmal als Kind für Bast in einem kleinen Schreibwarenladen, um mir daraus ein Armband zu flechten.
Rosa und gelb.

Notiz am Rande

Was ist Dir wichtig? Für Dich persönlich? Nicht dringend, im Sinne von: das muss heute/ diese Woche unbedingt erledigt sein. Die Steuererklärung, ein Einkauf, ein Tierarzttermin, Reifenwechseln, Hemden bügeln. Nein - etwas Wichtiges nur für Dich? Was wünschst Du Dir insgeheim - schon lange? Schreib es auf... ein erster Schritt... Lass Dich von der Natur, dem zu erahnenden Frühling verzaubern... Ein Neuanfang, vielleicht auch für Dich, in kleinen Dir wichtigen Dingen..? Nur Mut...
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Berührung und Dankbarkeit

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Hier ist er, mein kleiner Blog… und ich bin ein bisschen aufgeregt und gespannt, was sich ergeben wird mit diesem Anfang.

Eigentlich habe ich immer eher für mich selbst geschrieben – meine Gedanken, Gefühle notiert, in kleine Bücher, die ich irgendwo im sanften Sonnenlicht öffnete und einfach das in die Zeilen fließen ließ, was ich beobachtete, mich bewegte, beschäftigte… vor allem draußen in der Natur, in unserem Garten. Dort finde ich innere Ruhe, tanke auf, spüre all das, was mich umgibt, ganz intensiv, auch mich.

Neben dem Schreiben liebe ich es, zu fotografieren. Schon als Kind habe ich durch den Sucher geschaut – und weniger gesucht, als gefunden… Ich mag es sehr, Stimmungen einzufangen, die kleinen, feinen Augenblicke, so kostbar. Das wundersame Aufblitzen eines Eiskristalls, der Schimmer des Morgenlichts auf dem gefrorenen Teich, das überwinternde Zusammenrücken einer Gruppe Marienkäfer in unserem Gartenhaus. Es ist für mich immer wieder ein kleines Wunder, diese Ausschnitte zu entdecken, festzuhalten – mit der Kamera, vor allem im Herzen.

Und irgendwann dachte ich – warum nicht andere teilhaben lassen? Vielleicht erfreuen sich Betrachter an den Bildern, Worten… und wenn ich Glück habe, springt ein feiner Funken über.. und für einen Moment ist eine Verbindung da, ein geteilter Gedanke, ein berührendes Fühlen.

Ich habe diesen Blog „Wo sich Fuchs und Hase…“ genannt… nach dem bekannten Spruch „Wo sich Fuchs und Hase Gute Nacht sagen“ – vor dem Hintergrund, dass ich auf dem Land lebe, mit meinem Mann, unseren Tieren, zwischen zwei Bauernhöfen. In unserer Zufahrtsstraße gibt es glücklicherweise keine Straßenbeleuchtung; hier sehen wir im Dunkeln in einer klaren Nacht noch wundervoll die Sterne und den Mond…und tatsächlich huscht immer einmal wieder auf leisen Sohlen ein Fuchs vorbei.

Mit etwas Glück beobachten wir Feldhasen und Kaninchen, leider viel zu wenige, die auf der Wiese nach Nahrung suchen. In meiner Vorstellung – wider besseren Wissens natürlich – leben sie in friedlicher Koexistenz; aber für einen Moment darf man ja träumen.

Auf jeden Fall erscheint mir unser Zuhause hier als eine kleine Zuflucht, etwas abgeschieden vom Rest der Welt, friedlich, ruhig, mit Unterschlupfmöglichkeiten für Wildtiere und dem Heim für uns und unsere Hunde und Katzen, mit denen wir wohnen, voller Dankbarkeit und Freude.

Vielleicht, vielleicht findest gerade einen Augenblick der Ruhe in diesem Blog, möchtest teilhaben an meinen Bildern und Worten zu meinem Erleben dieser kleinen eigenen Welt auf dem Land im Wechsel der Jahreszeiten – und spürst selbst ein bisschen Seelenfrieden, Kraft im Alltag, auch Inspiration. Das wünsche ich mir.